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Dichtung: „Wo ein Kinderwagen als Darlehen gewährt oder mit Krediten finanziert werden muss, werden Kinder bereits mit Schulden geboren“.

Wahrheit: Gerade wurde ein Kinderwagen für 5,99 Euro bei Ebay ersteigert. Wenn Mütter Müttern direkt helfen würden, gäbe es solche Probleme wie "Kinderwagen über Kredite finanzieren" nicht.

Oder ist das Armutsthema nur eine Propagandaaktion interessierter Kreise? – So nach dem Motto: Die Wohlfahrtsverbände wissen alles besser? Zu wessen Nutzen, wenn man mal fragen darf?

Bewundernswert, wie sie die Sache mit dem Jäger gedeichselt hat – doch genau an dieser Stelle verweigern uns die Grimmschen Brüder die Moral.

Ich wollte eigentlich nicht zur Armut in Deutschland Stellung beziehen: Schließlich lebe ich nur zum Teil hier und zum Teil in einem Land, in dem etwas ganz anderes unter Armut verstanden wird, wobei mir herzlich gleichgültig ist, wohin die UN oder die EU gerade ihre Grenzwerte legen.

Cem Basman hat jedoch einen interessanten Artikel bei VOWE veröffentlicht und fragt „was könnten die Blogger eigentlich tun, um Schritte gegen die Armut zu unternehmen?“ Ich muss sagen, ich schließe (ähnlich wie Cem) politische Lösungen ebenso aus wie Lösungen, die alleine vom Arbeitsmarkt kommen.

Wem es um mehr geht, als die Forderung zu stellen, ab sofort mit der Geldgießkanne herumzulaufen, sollte den Artikel lesen – und für mich selbst kann ich sagen: Ja, ich würde einen Teil meiner Kraft in ein solches Projekt einbringen, wenn es gut fundiert ist. Ich habe so etwas schon früher getan. Allerdings muss das Projekt sehr genau definiert sein und einem fest umrissenen Kreis von Menschen helfen. Dafür stelle ich sogar einmal wieder meine Zweifel am Gelingen zurück.

Nehmen wir mal an, sie kaufen sich etwas Software, einen Telefonvertrag oder ein technisches Gerät und ärgern sich schrecklich, weil sie das Gefühl haben, übers Ohr gehauen worden zu sein. Nehmen wir zweitens an, sie hätten gehört, dass Blogs etwas sind, was dem Verbraucher die Möglichkeit gibt, ungeheuer wirksam in der Öffentlichkeit zu sein.

Dann schreiben Sie einen Artikel darüber. Was passieren wird? Nichts. Es sei denn, ein unvorsichtiger Syndikus mahnt sie deswegen ab und oder wird sonst wie frech. Dann kann es sein, dass ihr Blog an Popularität gewinnt und ihrer Sache Gerechtigkeit wiederfährt. Aber wenn Sie glauben, mit ihrem Blog den großen Firmen dieser Welt Angst und Schrecken einjagen zu können – vergessen Sie’s. Verbrauchermacht in Blogs ist eine Lachplatte, die nur deswegen so oft gespielt wird, weil es interessierte Kreise gibt, die damit indirekt Kasse machen können.

Ich habe da so meine Erfahrungen. Die Firmen reagieren bei Endverbrauchern immer erst, wenn man massiv wird. Bei der IBM bedurfte es mehrere Emails, bevor man sich gütlich und zu meiner Zufriedenheit einigte, bei Hewlett-Packard gab es schlicht einen Fehler, für den man sich vielmals entschuldigte. Bei Samsung war ein Brief an die Geschäftsleitung nötig, um auch nur das minimale Verbraucherrecht durchzusetzen – dann allerdings ging alles sehr schnell. Bei Magical Works war der Einsatz eines lokalen Journalisten in Hannover nötig, um ein massives Problem zu beseitigen, weil die einschlägige so genannte „Fachpresse“ sich weigerte, mit mir das Thema auch nur zu behandeln. Die Fachzeitschrift, bei der ich als Leser und Geschädigter völlig ignoriert wurde, erscheint im Übrigen im renommierten Ziff-Davis-Verlag.

Telefonprovider? Nun, die Firma, mit der ich monatelang im Dauerclinch lag, hatte juristisch leider recht – die 24-Monats-Verträge gelten in diesem Land nicht als rechtswidrig - und dies sogar dann nicht, wenn man mit den Preisen für Auslands-SMS nach Gutsherrenart verfährt. Geschädigt fühle ich mich – ungeachtet der Rechtslage – dennoch: Ich bezahle jetzt etwa 15 Euro im Monat, ohne auch nur die geringste Gegenleistung dafür zu bekommen – wenn ich nämlich Leistungen in Anspruch nehmen würde, müsste ich dauernd die bei weitem überteuerten Telefonrechnungen bezahlen. Inzwischen habe ich den Weg der Vernunft gefunden: Überhaupt keine zeitabhängigen Telefonverträge. Dennoch bin ich fast sicher, dass mich die Firma, wenn der lästige (und bereits gekündigte) Vertrag im Januar 2007 endlich ausläuft, wieder mit ähnlichen Produkten zu ködern versuchen wird – falls man es ihnen bis dahin nicht verbietet, wie ich hoffe. Es wird Zeit, dass die 24-Monats-Fesselung mit überhöhten Grundgebühren endlich in die Mülltonne getreten wird. Ach, ich habe selber Schuld? Na klar – und wenn sie auch 24-Monats-Verträge haben, dann haben auch sie selber schuld. Kündigen Sie das Zeug rechtzeitig, sonst, verlängern sich die Dinger möglicherweise „automatisch“ – auch das ist in Deutschland möglich.

Aber wir waren ja bei der Macht der Blogger. Meine Hinweise in den Blogs haben nie auch nur das Geringste bewirkt – und ich kann Ihnen sagen, dass ich ganz schön sauer bin auf die DUDEN-Korrektor-Software. Die Herren Kaufleute und Programmierer dort lehnen sich zurück – sie haben ja bereits verkauft. Was ihre Kunden denken, scheint ihnen völlig egal zu sein, denn so gut wie jeder, der diese Software zähneknirschend einsetzt, hat schon mal einen Wutanfall bekommen – jedenfalls dann, wenn er regelmäßig längere Artikel schreibt. Was bei der DUDEN-Software die Qualität, ist bei Symantec die Preispolitik – wer sie versteht, mag mir ja mal schreiben, warum eine neue Schachtel mit Norton Internet Security teilweise bei weitem billiger ist als ein Online-Update: Aber über eins dürfen Sie sich ganz sicher sein: Symantec nimmt zu solchen Fragen gegenüber den eigenen Kunden keine Stellung – und die so genannten „Fachzeitschriften“ erlauben sich derartige Fragestellungen erst gar nicht.

Jeder Amateurpsychologe will wissen, dass sich „gleich und gleich“ gerne gesellen, und kaum hat er es ausgesprochen, dann schiebt ein ebenso vorlauter Besserwisser seinen konternden Spruch nach: „Aber Gegensätze ziehen sich an“. Was ist nun wahr, was ist dran?

Zunächst einmal: Für uns als Menschen ist „gleich“ immer das, was wir als „gleich“ empfinden, aber in Wahrheit sind wir sind alle unterschiedlich. Manchmal stellen wir fest, dass wir wirklich „gleich“ empfinden, „gleich“ denken oder eine „gleiche“ Herkunft, Erziehung, Ausbildung oder sonst etwas haben. Wir hätten dann besser „ähnlich“ gesagt.

Sehen sie, ich habe eine gewisse Kenntnis über das Innenleben von Selbsthilfegruppen. Die Menschen dort meinen zunächst, sie seien alle unterschiedlich, finden dann, dass sie alle ähnlich gelagerte Schwierigkeiten haben (wozu manche eben auch „gleich“ sagen) und entdecken nach längerer Zeit dann oft, dass sie zwar in einem Punkt ähnliche Erfahrungen hatten, in so vielen anderen aber durchaus unterschiedlich waren.

Was ist „gleich“, was ist es nicht? Nehmen wir mal eine Gemeinsamkeit: die Liebe zur Fotografie. Der eine ist Arzt, notiert Farbtemperatur der Lampen, Blende, Verschlusszeit und Objektiv, entwickelt selber Color und beschreibt genau die Dichte der Farbfilter, die er verwendet hat. Der andere ist Künstler, nimmt bewusst billige Objektive, verreist die Schärfe und übermalt dann Teile seiner Bilder, der dritte ist Zeitzeuge und fotografiert alle 10 Minuten den Marktplatz seiner Stadt. Was an ihnen ist gleich? In Wahrheit nichts.

Für die Partnerschaft ist nicht wichtig, ob man „gleich“ ist, sondern worin man gleich ist – oder jedenfalls meint, es zu sein. Ich gebe Ihnen wieder ein Beispiel. Er ist das Kind armer und relativ einfacher Eltern – aber er brachte es zum Informatiker. Sie hat den gleichen Hintergrund, wurde aber Restauratorin. Obwohl beide völlig unterschiedliche Berufe haben, sind sie „gleich“, weil sie sich an Armut und Not erinnern können – und die Mittel deswegen sparsam einsetzen. Es ist also nicht die Frage, ob man „gleich“ ist, sondern worin man „gleich“ ist. Wichtig ist allerdings der Wunsch, dem Leben eine gleiche Ausrichtung zu geben.

Was ist nun mit den Gegensätzen? Sie ziehen sich an, wenn der eine Partner etwas geben kann, was dem anderen fehlt und umgekehrt. Er ist ein genialer Architekt und hat jeden Tag eine neue Idee. Sie führt den Betrieb und sieht eher auf die Bilanz. Wenn sie es schafft, seinen Schaffensdrang zu kanalisieren und profitabel zu machen, fällt für beide der Erfolg ab. Ist er der Erbprinz und sie Cinderella, sieht die Sache schon kläglicher aus: Irgendwann genügt Cinderella seinen sozialen und kulturellen Ansprüchen nicht mehr – sie wandert auf Platz zwei der Favoritinnenliste. Die junge Journalistin, die sich aus Mitleid und Lust den arbeitlosen Malergesellen ins Bett zog, schmeißt ihn ebenso nach ein paar Monaten wieder raus. Wo immer Gegensätze vorhanden sind, müssen sie sich auf Dauer konstruktiv ergänzen: Er muss ihre Lücken füllen, sie seine, und daraus muss sich für beide ein Zugewinn an Zufriedenheit ergeben.

Gleiche Interessen? Sie sind kaum ein Garant für blühende Beziehungen – während völlig unterschiedliche Interessen auf mehreren Gebieten durchaus ein erhebliches Hindernis sind. Gleich sein hingegen (im Sinne von ähnlich sein) kann zum Erfolg führen, wenn beide Lebensentwürfe in die gleiche Richtung zeigen und die Partner sozusagen „am gleichen strick ziehen“. Die beste Mischung für ein ebenso kreatives wie erfolgreiches Miteinander besteht aber darin, dass beide in der Grundausrichtung ähnlich, sich aber im Alltag eher aus unterschiedlichen Positionen so ergänzen, dass die Partnerschaft mehr ist als die Summe ihrer Teile. Erst, wenn man weiß, dass man gemeinsam stärker, glücklicher und zufriedener ist als allein, wird die Partnerschaft auch über Jahre halten.

 

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